Menü

Fernbehandlung: Bremer Delegierte bleiben skeptisch

14.03.18Eine mögliche Lockerung des Fernbehandlungsverbots war zentrales Thema bei der 11. Delegiertenversammlung der Ärztekammer Bremen am 12. März 2018. Die Bremer Delegierten blieben skeptisch.

Beim Deutschen Ärztetag im Mai 2018 in Erfurt soll beraten und entschieden werden, ob die Musterberufsordnung entsprechend angepasst wird. Damit die Delegierten einen Eindruck bekommen, wie Fernbehandlungen vorgenommen werden könnten, stellte Katharina Jünger, Geschäftsführerin der TeleClinic, das Angebot ihres Unternehmens vor.

Die TeleClinic bietet in einem Modellprojekt in Baden-Württemberg bereits Fernbehandlungen an. Bei der Kontaktaufnahme per Computer, App oder Telefon gelangen die Patienten zunächst zu einer medizinischen Fachangestellten, die nach einem Triage-System über die Dringlichkeit entscheidet. Der Patient wird dann schnellstmöglich von einem Arzt zurückgerufen, im längsten Fall nach 24 Stunden. Der Arzt kann den Datensatz des Patienten einsehen und dokumentiert Anamnese, Befunde und Therapieanweisungen. Abgerechnet wird über die kooperierenden Krankenkassen. Jünger erläuterte, dass alle teilnehmenden 200 Ärzte über eine Approbation in Deutschland verfügten.

Im Anschluss berichtete der Bremer Dermatologe Dr. Uwe Schwichtenberg über seine Erfahrungen mit der Plattform Patientus, über die er testweise eine Videosprechstunde eingeführt hatte. Vor allem die technischen Hürden zum Arzt-Patienten-Kontakt seien fast unüberwindbar gewesen. Meistens habe er dann einfach mit den Patienten telefoniert. Seine Erfahrung sei, dass die Patienten nur geringes Interesse an dieser Art der Kommunikation mit ihrem Arzt hätten. Finanziell sei es kaum attraktiv: Etwa die Hälfte des Verdienstes habe er in die Technik und Nutzungsgebühren investieren müssen.

Skepsis bleibt geboten

Die Delegierten reagierten skeptisch auf die vorgestellten telemedizinischen Angebote. Eine Delegierte fürchtete eine Doppelversorgung, da Patienten zum Arzt gingen und zusätzlich noch Anbieter wie die TeleClinic bemühten. Ein Delegierter meinte, für die Nachsorge könnten solche Angebote hilfreich sein, oder wenn ein Arzt fachlichen Rat von einem Kollegen benötige. Zu befürchten sei aber, dass vor allem solche Patienten diese Angebote nutzten, deren Anspruch es ist, zu jeder Tag- und Nachtzeit sofort eine Antwort zu bekommen. Da sei kritisch zu fragen, ob mit diesen Kosten die Solidargemeinschaft zu belasten sei.

Angesichts der rechtlichen und technischen Probleme fragte Dr. Heidrun Gitter, die Präsidentin der Ärztekammer, nach der Dringlichkeit, das Fernbehandlungsverbot auf dem nächsten Ärztetag zu lockern. „Die hier vorgestellten Angebote setzen gar nicht an den Versorgungsdefiziten in Deutschland an, sie sprechen völlig andere Zielgruppen an“, sagte Gitter. Sie wünschte sich, dass die Ärztekammer Bremen skeptisch bleibe und diese Haltung auch bei der Abstimmung auf dem Ärztetag beibehalte.

Im Anschluss hatten die Delegierten über einen Antrag der Neuen Hausarztliste zu entscheiden, dem Deutschen Ärztetag die Aufnahme der Psychosomatischen Grundversorgung in die Musterweiterbildungsordnung auch bei den Kinder- und Jugendärzten empfehlen. In einer kurzen Debatte warf Heidrun Gitter die Frage auf, ob man den schon konsentierten Kopfteil der Weiterbildungsordnung wirklich wieder aufmachen solle. So ein verpflichtender Kurs müsse zudem vor Ort angeboten werden können. Der Antrag wurde bei einer Gegenstimme angenommen.

Beitragsregeln zu Doppelmitgliedern

Nachdem die Delegiertenversammlung 2016 einige Regeln zur Erhebung des Kammerbeitrags geändert hatte, gab es noch einmal Klarstellungsbedarf bei doppeltapprobierten Ärztinnen und Ärzten. Grundlage für die Beitragsbemessung sollten nach dem Willen der Delegiertenversammlung die Gesamteinkünfte aus ärztlicher und zahnärztlicher oder psychotherapeutischer Tätigkeit sein. Zur Verdeutlichung beschlossen die Delegierten nun mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit rückwirkend zum 1. Januar 2018, dass § 19 Abs. 3 der Satzung neu gefasst wird: „Ist ein Kammermitglied zugleich Mitglied der Zahnärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer, so wird die Hälfte der Gesamteinkünfte aus der ärztlichen und der zahnärztlichen bzw. der ärztlichen und psychotherapeutischen Tätigkeit der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt.“

Neue Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt“

Da bei Ärzten häufig Unsicherheit im Umgang mit Opfern von häuslicher Gewalt herrscht, soll eine neue Arbeitsgruppe Handlungsempfehlungen für Ärztinnen und Ärzten in Kliniken und Praxen entwickeln. Dr. Kerstin Porrath, Kinderärztin aus dem Klinikum Links der Weser, und die Gynäkologin Dr. Sabine Gaiser hatten sich im Vorfeld bereit erklärt, in der Arbeitsgruppe mitzuwirken. Die Delegiertenversammlung stimmte der Einrichtung der Arbeitsgruppe zu.

Hier gibt es den ausführlichen Bericht zur Delegiertenversammlung (PDF).


Zurück zur Übersicht der Neuigkeiten

 

Impressum
Datenschutz