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Patienten wünschen sich Zeit, Zeit und nochmals Zeit

14.11.19Kommunikation stand im Mittelpunkt des 16. Bremer Krebskongresses. Die Mitteilung der Diagnose, die Krankheitsverarbeitung und die interne Arzt-Arzt-Kommunikation waren Themen einer Sitzung unter der Leitung von Professor Dr. Stephan Freys aus dem Diako, Ärztekammer-Präsidentin Dr. Heidrun Gitter und Vizepräsident Dr. Johannes Grundmann.

Die meisten Patienten erlebten die Krebsdiagnose als traumatisch, berichtete die Referentin Dr. Monika Steimann aus der Reha-Klinik Boltenhagen: „Fast alle können sich wortwörtlich an den Moment und die Mitteilung der Diagnose durch den Arzt erinnern.“ Typische Sätze in diesem Zusammenhang seien: „Auf so etwas war ich nicht vorbereitet“ oder „Ich habe den Boden unter den Füßen verloren.“ Der Heilungsprozess sei daher nach der Behandlung noch nicht zu Ende, so Steimann. Auch das Trauma der Diagnose müsse bewältigt werden. Dem Arzt fallen in diesem Prozess mehrere Rollen zu. „Er ist gefragt als Diagnostiker, Aufklärer, Behandler und Prozessbegleiter“, sagte Steimann. „Patienten wünschen sich von ihrem Arzt vor allem Zeit, Zeit und nochmals Zeit. Der Arzt soll ihnen vermitteln, dass sie im Prozess ihrer Krankheit nicht allein sind.“

Ärzte sollten sich bewusst machen, dass eine Krebsdiagnose mit einem Kontrollverlust einhergehe“, so Heidrun Gitter in der anschließenden Diskussion. Ärzte müsste sich fragen, wie sie die Gesprächssituation noch besser gestalten könnten. „Patienten möchten nicht von Schublade zu Schublade geschoben werden“, sagte Gitter. „Sie brauchen idealerweise einen Arzt in einer zentralen Rolle wie den Hausarzt, der die Behandlung ganzheitlich im Blick behält.“

Professor Dr. Benno Stinner aus den Elbekliniken Stade begab sich im Anschluss nach eigener Aussage auf „die dunkle Seite der Macht“ und sprach über die Kommunikation zwischen Ärzten in einer Tumorkonferenz. Im Spannungsfeld zwischen Patienteninteressen, ökonomischen Grenzen und dem Ego des einzelnen sei es eine große Herausforderung, zu einer einmütigen Behandlungsempfehlung zu kommen. „In der festen Struktur einer Tumorkonferenz braucht es einen Leader, der eine klare Entscheidung kommuniziert“, so Stinner. „Ein ‚machen wir doch mal das‘ oder permanentes Vertagen des Falles hilft weder den Patienten noch den Ärzten.“ Dennoch dürfe der Leader nicht seine eigenen Motive durchsetzen und die Meinungen der eher zurückhaltenden Teilnehmer der Konferenz völlig außer Acht lassen. Es brauche gegenseitige Verbindlichkeit und eine vielschichtige Kommunikation, so Stinner: „Nett sein alleine reicht nicht mehr, aber es hilft.“

Zwei Tage lang diskutierten 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Mitte November im Dorint City-Hotel unter dem Motto „Kommunikation in der Onkologie – von Zelle zu Zelle, von Mensch zu Mensch“ über Diagnose, Therapie, neueste Forschungsergebnisse – und die Bedeutung der Kommunikation für den Behandlungserfolg.


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